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bis zum Ende der Ausstellung.

PORZELLANIKON Selb • Haus 4 Ebene 3 Sonderausstellungsflächehttp://www.porzellanikon.org/oeffnungszeiten-eintrittspreise-anfahrt/porzellanikon-selb.htmlshapeimage_1_link_0
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Europäisches Industriemuseum für Porzellan, Werner-Schürer-Platz 1, 95100 Selb, Deutschland

DIE Ausstellung

Eine fotografische Geschichte

zur Industriekultur

Expedition in die Vergangenheit

Ein dreigliedriges Projekt im Porzellanikon will mehr als zurückschauen


Sie sind Entdecker und Chronisten, sie sind Mahner und sie sind begeistert, von dem, was sie zu Beginn des neuen Jahrtausends zufällig entdeckten und fotografisch dokumentierten: Jutta Bender und Peter M. Hirsch, die jetzt im Porzellanikon ein dreigliedriges Projekt zur 1995 geschlossenen Porzellanfabrik Carl Schumann Arzberg eröffnen.  Am 21. Januar 2012 wird in Europas größtem Porzellanmuseum die Ausstellung „Ära Porzellan – Wertschätzung der Vergangenheit“, beginnen, die sich dem Unternehmen widmet. Gleichzeitig werden Bender und Hirsch dazu ein Buch herausbringen und es wird ein mehrgliedriges Begleitprogramm starten, das sich bis zum Ende der Präsentation in Selb am 22. April ziehen wird.

Der Zufall führte die Diplom-Designerin und den Diplom-Betriebswirt knapp zehn Jahre nach Schließung der Porzellanfabrik auf die damals schon zugewucherten Pfade des 1,5 km langen Geländes und damit in ein „Biotop im Dornröschenschlaf“. Fasziniert dokumentierten die beiden über viele Jahre das Gelände und die Gebäude von außen. Und fanden viele Details, die beredt über die einstige Pracht, den Unternehmerstolz und die Bedeutung der Marke Schumann-Porzellan sprachen. „Erst nach einigen Jahren, betraten wir erstmals die beiden Villen und die Produktionshallen“, näherten sich die beiden dem Komplex respektvoll.

Szenen wie im schon zitierten Märchen: Ein Tisch, auf dem noch die Kaffeetasse steht, bedeckt von einer Schicht aus Staub und rieselndem Putz; ein Büro, in dem die Akten aus den geöffneten Verzeichnissen herausquellen, an den Wänden kriecht der Grünspan über verblasste Tapeten; ein Regal, in dem stolz die Muster präsentiert wurden, der Boden: ein Meer aus Millionen weißer Porzellanscherben. Was der Zahn der Zeit nicht zernagte, haben Eindringlinge gefleddert und zerstört. Und doch: die Würde und Bedeutung des 1881 gegründeten Produktionsortes ist noch spürbar und auch, dass hier nach dem zweiten Weltkrieg zeitweise über eintausend Menschen beschäftigt waren, dass der Firmengründer ein Patriarch mit sozialer Verantwortung war und mit einem ausgeprägten dem Hang zur repräsentativen Selbstdarstellung.

Dieses Dornröschen wird nicht wieder so wachgeküsst werden, dass der Koch dem Küchenjunge die Ohrfeige schließlich doch verabreicht, der König just an der Stelle weiterregiert, wo er aufhörte und schließlich eine nächste Generation inthronisieren wird. Aber Jutta Bender und Peter M. Hirsch möchten mit ihrem Projekt am Beispiel der Porzellanfabrik Carl Schumann Arzberg gerne verhindern, dass das, was über einhundertfünfzig Jahre eine ganze Region prägte, nicht einfach verdrängt und mindestens physisch bewahrt wird: die Porzellanindustrie in Nordostbayern. „Es geht darum, zumindest einen Teil in neue Nutzungskonzepte zu überführen, ohne alles dem Erdboden gleichzumachen“, sagt das engagierte Paar. Und sie verweisen auf erfolgreiche Modelle an anderen traditionellen Industriestandorten Deutschlands, wo ähnliche Konzepte erfolgreich umgesetzt wurden.

Wenn auch die Fotos durch ihre morbide Romantik faszinieren: Bei dem Gesamtprojekt geht es den Fotografen und Buchautoren wie dem veranstaltenden Porzellanikon durchaus um Handfesteres. Nämlich um die Identität, die Wurzeln und die Prägung einer ganzen Region und damit um die Dokumentation und Einbindung einer großen Vergangenheit in das Heute. Es geht darum, dass man seine Vergangenheit kennen und ehren muss, um eine wie auch immer gewandelte – Zukunft erfolgreich entwerfen und leben zu können.

                                                                                                              (Porzellanikon, im Dezember 2011)



„Ära Porzellan – Wertschätzung der Vergangenheit“, Porzellanikon Selb, 21. Januar bis 22. April 2012.

Informationen zur Ausstellung, zur Buchveröffentlichung und zum umfangreichen Begleitprogramm auch unter www.porzellanikon.org